ST. KATHARINEN. -nsc- Am Thema Wolf scheiden sich die Geister. Nach mehr als 100 Jahren ist er in die Region zurückgekehrt und viele Fragen sind offen. Nachdem die Kreise Neuwied, Altenkirchen und Westerwald sowie die rechtsrheinischen Gemeinden des Kreises Mayen-Koblenz und die Stadt Koblenz zum Wolfspräventionsgebiet ausgerufen wurden, fand nun eine Informationsveranstaltung des Kreises Neuwied zum Thema Wolfsmanagement in St. Katharinen statt.

Der Wolf ist eine Chance. Jedoch dürfe darunter nicht die einzigartige Kulturlandschaft, die den Kreis prägt, leiden, sagte Landrat Achim Hallerbach und bat um einen gemeinsamen Austausch.

Management im Fokus

Barbara Friemel, Leiterin des Referates für Artenschutz beim Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten (MUEEF), wies gleich zu Beginn auf die Großkarnivoren-Hotline unter (06306) 911199 hin. Diese ist eine Sammelstelle für alle Anliegen rund um den Wolf, aber auch den anderen heimischen Großkarnivoren wie dem Luchs. So können dort unter anderem Wolfsnachweise, Risse von Wild- und Nutztieren und Problemwölfe gemeldet werden. Die gemeldeten Informationen werden dann zum eigentlichen Ansprechpartner weitergeleitet. Diese Ansprechpartner werden im Wolfsmanagementplan genauer benannt. Grundsätzlich ist für Wildtierrisse die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft (FAWF) zuständig. Bei Rissen von Nutztieren liegt die Zuständigkeit bei der Stiftung Umwelt und Natur (SNU). Für den Umgang mit Problemwölfen steht die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) in der Verantwortung.

Wenn Sie einen Riss auf Ihrer Weide finden, bitte melden Sie ihn schnellstmöglich. Und lassen Sie ihn unberührt, damit möglichst viele Spuren gesichert werden können“, informiert Barbara Friemel.

Für einen Wolfsriss von Weidetieren stelle das Land eine Ausgleichzahlung zu 100 % bereit. Auch für Folgeschäden sieht der Managementplan einen Ausgleich vor. So werden beispielsweise bei einem nachgewiesenen Wolfsangriff auf einen Jagd- oder Hütehund die Tierarztkosten von bis zu 4000 € pro Fall übernommen. Wer einen Hinweis gibt, der zu einem Wolfsnachweis führt, erhält ebenfalls eine Aufwandsentschädigung von 100 €.

Durch die Ernennung des Präventionsgebiet Westerwald können Weidetierhalter nun auch Förderung für Präventionsmaßnahmen bis zu 90 % bei der SNU beantragen.
Zudem wies Barbara Friemel darauf hin, dass das Wolfsmanagement noch formbar sei und nachträglich noch Änderungen vorgenommen werden können. So sei bereits eine zusätzliche Aufwandsentschädigung für die Präventionsmaßnahmen in der Planung.

Kreis Neuwied: Informationsveranstaltung zum Wolfsmanagement

Achim Hallerbach (v. links), Ulrich Schreiber, Barbara Friemel, Marcello Peerenboom, Werner Neumann, Michael Proca und Ulrich Wotschikowsky diskutierten über Wölfe im Kreis Neuwied.

 

Ein Wolfsexperte 
spricht Klartext

„Die Wölfe werden kommen, egal was Sie wollen. Sie tun gut daran, wenn Sie schon jetzt vorsorgen. Lernen Sie aus den Fehlern, die bereits andere gemacht haben“, sprach Ulrich Wotschikowsky die Weidetierbesitzer direkt an. „Machen Sie sich nichts vor, es werden viele Wölfe kommen“, mahnte er ebenfalls an. Der Wolfsexperte aus Bayern distanzierte sich von „Wolfskuschlern“ und Fake-News rund um den Wolf sowie dem reißerischen Umgang mit dem Thema.

In seinem Vortrag informierte Wotschikowsky über die Nahrung von Wölfen. Lediglich 1 % machen, so der Experte, Schafe aus. Größtenteils ernährten sie sich von Schalenwild. Weiterhin berichtete er unter anderem vom Monitoring und zeigte die Wanderschaften von einzelnen Tieren. Problemwölfe, die zwar entnommen werden müssen, seien allerdings so selten wie „weiße Hirsche“, rückte Wotschikowsky in den Hintergrund. Die Wölfe in Europa lebten alle in einer Kulturlandschaft und seien an den Menschen gewöhnt, stellte der Experte klar. Dennoch sei die Futter-Konditionierung ein Problem.

„Wenn der Wolf den Menschen mit Futter in Verbindung bringt, gehören solche Tiere eliminiert“, weiß Wotschikowsky.

Ausgehend von den 60 Rudeln, die im vergangenen Jahr in Deutschland gezählt wurden, geht der Experte von insgesamt 480 Individuen aus. Nur bei einem Drittel dieser Wölfe handele es sich jedoch um adulte Tiere. „Die Population“, sagte Wotschikowsky, „entwickelt sich seit 2008 mit etwa 30 bis 35 % Wachstum.“ Das sei nichts Sensationelles. Andere Wildtiere wie Rehe und Hirsche zeigten einen ähnlichen Trend. Für ihn steht deshalb dennoch fest, dass die Wölfe in Deutschland gut zurechtkommen.

Doch auf den Großkarnivoren warten auch Gefahren: Seit 2000 wurden mehr als 170 Wölfe von Autos überfahren und weitere 28 illegale Tötungen sind bekannt. Vermutlich seien noch mehr Tiere den drei „S“ zum Opfergefallen – schießen, schaufeln, schweigen.

Wotschikowsky mahnte die Anwesenden, was jetzt nicht zu tun sei: Den Schutzstatus in Frage zu stellen oder sich mit Problemwölfen aufzuhalten. Er forderte stattdessen seine Zuhörer auf, keine Zeit zu verlieren und Weideschutz zu errichten. Elektrozäune und Hütehunde seien seiner Meinung nach am effektivsten.

Ängste und 
schlechte Stimmung

In der anschließenden Diskussion teilte unter anderem Werner Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes der Schaf- und Ziegenhalter in Rheinland-Pfalz, mit, dass er nun zwar den maximalen Weideschutz errichten werde, er gab aber auch zu bedenken, dass mehr Probleme als nur das Errichten der Zäune auf die Landwirte zukäme. So müssen diese wesentlich mehr Arbeit und Zeit investieren.

Auch Ulrich Schreiber, Vorsitzender der Kreisgruppe des Bauern- und Winzerverbandes, merkte an, dass die Stimmung unter den Landwirten nicht gut sei und macht sich dafür stark, dass auch Kuhhalter in den Wolfsmanagementplan aufgenommen werden sollten. „Als Rindviehhalter weiß ich nicht, wie ich meinen Betrieb schützen soll“, sagte Schreiber.

Weder als Kumpan noch als Konkurrent sehe die Jägerschaft den Wolf an, äußerte Michael Proca, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesjagdverbandes. Er wies darauf hin, dass die Jäger sich aktiv im Monitoring beteiligen.

Jetzt gelte es, eine gemeinsam Linie zu sondieren, sagte Landrat Hallerbach. Die Impulse, die in der konstruktiven Diskussion gegeben wurden, sollen nun auch aufbereitet nach Mainz weitergegeben werden.

Weitere Infos gibt es im Wolfsmanagementplan oder über der Großkarnivoren-Hotline unter (06306) 91 11 99. Betroffene Weidetierhalter können sich für Förderungen auch direkt an die Stiftung Natur und Umwelt per E-Mail an wolf@snu.rlp.de wenden. 

 

Symbolfoto: Colourbox;
Foto: Schöneberg