PFAFFENDORFER HÖHE. -mdz- Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hat bekanntlich etliche Altlasten zu verwalten: aktive und stillgelegte Kasernen, Mehrfamilien-Mietshäuser, hochgebaute Wohnsilos mit ganzen Straßenzügen, ja sogar Kulturdenkmäler, denkt man nur an die Lützeler Feste Franz. Allen bewohnten Liegenschaften der Anstalt mit Hauptsitz in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn scheint gemeinsam, dass ihre Eigentümerin die Ohren bei geäußerten Anliegen ihrer Mieter ganz schön steif hält. Auch weite Teile der Franzosensiedlung auf der Pfaffendorfer Höhe gehören der BImA und ein engagierter Ansatz vieler Bürger, verwahrloste Flächen hier sinnvoll neu zu nutzen, lief kürzlich ins Leere. Die Siedler von der Höhe empfinden das als glatt „die Höhe“ und werden jetzt massiv.¶
Zwei bis maximal drei Geschosse haben die freistehenden, flachbedachten Ein- und Zweispänner auf der Pfaffendorfer Höhe und bieten attraktive, rund 100 Quadratmeter große, sehr großflächig und mondän zugeschnittene, lichtdurchflutete Wohnungen.
Schon vor gut sieben Jahren sorgte die Franzosensiedlung im Koblenzer Stadtteil Pfaffendorf für Schlagzeilen: Ein Masterplan für die Mitte der 1950er-Jahre gezielt an französischer Lebensart orientierte Siedlung – in Rheinland-Pfalz und dem Saarland als einstigen französischen Besatzungszonen übrigens nichts Seltenes – sollte her. Vorbild waren andere Städte, die ihre Franzosensiedlungen vom Bund gekauft, frisch aufpoliert und fesch vermarktet haben.
Einige Häuser wurden in diesem Zuge auch tatsächlich an Investoren verkauft (wir berichteten). Der Großteil aber ist fest in BImA-Hand und erfährt allenfalls unumgängliche Sanierungen.
Dorn im Auge vieler Siedlungsbewohner sind zwei aneinanderliegende Tennisplätze in unmittelbarer Nähe der Balthasar-Neumann-Grundschule. Sie befinden sich auf einem ansehnlich gepflegten, eingefriedeten Grünstreifen zwischen Wilhelm-Leuscher- und Erwin-Planck-Straße – und verwildern und verrotten seit Jahren. Ärgerlich erscheint das vor allem, weil das Wohngebiet dank bester Infrastruktur und Verkehrsanbindung nicht unbedingt als besonders preiswert gilt.
Im März keimte daher die Idee auf, die wegen möglicher Gefahren durch umherfliegende Bälle sehr hoch eingezäunten Tennisplätze, irgendwie wiederzubeleben. Benjamin Volz, selbst gar nicht Mieter dort, hatte die Idee gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Koblenzer Jugendamtes und zwei Anwohnerinnen.
Inspiriert über Flüchtlingsprojekte innerhalb der Stadt sahen sie insbesondere in der BImA einen geeigneten Partner dafür: Zu den Höhepunkten der Flüchtlingskrise stellte die Bundesanstalt zahlreiche ihrer Immobilien als Erstunterkünfte zur Verfügung – zwar nur gegen viel Geld von den Städten und Gemeinden, doch tat sie es wenigstens.
Dem „Schängel“ erklärt Volz den Ansatz: „Wir wollten zur Integration und Beschäftigung von Flüchtlingen dort ein eigenes Projekt starten. Auf den Tennisplätzen sollte mit Hochbeeten ein Garten für alle Anwohner, deren Kinder und alle in der Nähe – teils ebenfalls in BImA-Immobilien – dauerhaft untergebrachten Flüchtlingsfamilien aufgebaut werden. Wir dachten, dass die BImA als Eigentümerin auch idealer Partner in Sachen Flüchtlingsintegration sei – so zumindest gibt sie sich nach außen hin ja immer.“
Begeisterung weckte die Idee allerdings bei Mietern auf der Pfaffendorfer Höhe. Und nicht nur das: Auch die Schulleitung der nur knapp hundert Meter von den Plätzen entfernten Grundschule engagierte sich und stellte im Mai einen Nutzungsantrag beim zuständigen Schulverwaltungsamt für einen Schulgarten für Schulkinder und Flüchtlingskinder: Hier hätte auf diese Weise der ständig von der Politik so lautstark geforderten Integration unkompliziert und ohne großen finanziellen Aufwand schnell Leben eingehaucht werden können. „Wenn das keine gute Idee ist, dann weiß ich es auch nicht“, trauern Volz und seine Mitstreiter verwundert.
Pikant ist in diesem Zusammenhang auch ein im Mai von der BImA erneut ausgesprochenes Fußballverbot auf den Rasenfreiflächen der Siedlung. Selbstverständlich könnten solche Ballspiele innerhalb der Sicherheitseinzäunung der Tennisplätze stattfinden, wenn diese tatsächlich gefahrlos begehbar gehalten würden.
Aber: Risikolos begeh- oder bespielbar sind die beiden Plätze eben nicht. Wie der „Schängel“ vor Ort in Erfahrung bringt, sind einzig die die beiden Spielfelder umringenden, gut fünf Meter hohen Maschendrahtzäune in recht gutem Zustand.
Der Zugang zu dem einen Platz ist möglich, weil die eingelassene Tür mitsamt Schloss gewaltsam ausgehebelt wurde und auf dem Boden, dessen roter Belag noch großflächig sichtbar ist, liegt. Über den ersten Platz kommt man auf den zweiten. Dieser ist total verwildert und zugewachsen. Auch dessen Tür wurde in gleicher Manier ausgehebelt.
Der Zustand beider Böden ist bedenklich und schockt mit Dutzenden dezimetertiefe Löcher auf, die klare Stolperfallen sind. Eigentlich ist das Ganze ein Fall für die Bauaufsicht, die hier wahrscheinlich zumindest die Begehung verbieten würde. Ein Schritt, der für die Gartenbefürworter ja eher kontraproduktiv wäre.
Gefährlicher Zustand
„Klar ist das in diesem Zustand eine Art willkommener Abenteuerspielplatz für Kinder“, gesteht Siedlungsbewohnerin Alexandra Freudenberg unserer Zeitung. Die seit 2009 hier lebende Mieterin weist aber auch auf Gefahren hin und wundert sich, das bislang noch nichts Schlimmeres passiert ist. Sie ist nach wie vor Feuer und Flamme für das interkulturelle und generationenübergreifende Gartenprojekt.
Gemeinsam mit Volz und einer weiteren Anwohnerin erwägt sie jetzt sogar die Gründung eines Interessenvereins zur Durchsetzung dieses Ziels.
Die BImA beschwichtigt
Von städtischer Seite kamen tatsächlich einige Räder in Schwung: Jugendamt, Schulverwaltungsamt, das Sozialamt in Sachen Flüchtlinge und sogar Herbergsvater Hans-Jürgen Wilhelmi, bei der Stadt zuständig für die BImA-Wohnungen, die Asylbewerbern zur Verfügung stehen. Alle haben ernstlich und bemüht versucht, das Projekt eines „Urban Gardening“ mit dem Anlegen von Hochbeeten, dem Anbau von Obst und Gemüse, Imkerarbeiten und vielem mehr auf einen guten Weg zu bringen.
Die BImA blockiert
Die Blockade kam von der BImA selbst – und zwar schon Anfang Mai – hierzu soll es unmittelbar vorab sowohl eine Ortsbegehung, als auch ein Gespräch von Vertretern der BImA mit der der Stadt gegeben haben.
Nach Informationen, die dem „Schängel“ schriftlich vorliegen, will die BImA einer Nutzung der Plätze für ein Gartenprojekt nicht zustimmen mit der Begründung „erheblicher Mehrarbeit und einem ( . . . ) Aufkommen von Beschwerden der Anwohner und anderer Altmieter“. Seitdem herrscht quasi Funkstille, stocken die städtischen Räder wieder und tut sich gestalterisch nichts: Weder die BImA als Eigentümerin selbst, noch die von ihr vor zwei Jahren eingesetzte Hausverwaltung, die G. Reiser Immobilienverwaltung, glänzt mit Rat, Tat oder weiterer Reaktion.
Durch konstante Untätigkeit ist die Hausverwaltung der Franzosensiedlung auch schon in einer Liegenschaft der BImA in der südlichen Vorstadt in die Kritik geraten (wir berichteten vorige Woche): Dort steht seit sage und schreibe 14 Monaten ein Schutzgerüst gegen herunterfallende Dachziegel, ohne, dass etwas daran geändert wurde.
Die BImA brüskiert
Bezüglich der Pfaffendorfer Höhe fragt der „Schängel“ selbstverständlich nach und bekommt drei Tage später per E-Mail Post. Der Schluss der Antwort überrascht sogar das erfahrene Redaktionsteam: „In einem Termin mit der Stadt Koblenz hat die BImA das Vorhaben erörtert. Im Ergebnis bestand Konsens, von der Realisierung des Vorhabens abzusehen. Weitere Nach-/Rückfragen der Stadt Koblenz in dieser Angelegenheit liegen nicht vor.
Die frei zugänglichen Tennisplatzflächen werden derzeit von allen Mietern für verschiedene Freizeitaktivitäten genutzt.“ Welche das sein sollen, dasdass erschließt sich auch uns vom „Schängel“ nicht. und wir fragen extra nochmal nach, ob dieser Teil der Antwort auch wirklich ernst gemeint war.
War er aber wohl, denn seitdem schweigt die Anstalt.
Der Protest wächst
Wehren aber wollen die abgeblitzten Mieter sich noch ganz anders und planen derzeit etwas, gegen das die BImA nach ihrer Antwort dem „Schängel“ gegenüber nichts haben kann: Ein Protestgrillen in der zweiten Augustwoche (den genauen Termin geben wir noch bekannt). Diese Aktion fiele juristisch eindeutig unter den Begriff der „verschiedenen Freizeitaktivitäten“. Und er fällt klar unter die Kampfansage „Jetzt erst recht!“
Fotos: Dietz